Lebensgrundlagen erhalten

Biodiversitätsrat und KIÖS fordern von Bundesregierung einen Ministerratsbeschluss der neuen Österreichischen Biodiversitätsstrategie

Wien,28.11.2022

Der Österreichische Biodiversitätsrat sowie die Kommission für interdisziplinäre ökologische Studien (KIÖS) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften fordern Bundeskanzler Karl Nehammer, Vizekanzler Werner Kogler sowie Bundesministerin Leonore Gewessler und mit ihnen die gesamte österreichische Bundesregierung in einem Offenen Brief dazu auf, die Biodiversitätsstrategie 2030 für Österreich vor der UN-Biodiversitätskonferenz in einem Ministerrat zu beschließen.

Biologische Vielfalt und funktionierende Ökosysteme sind essenzielle Voraussetzungen für menschliches Wohlbefinden und Wohlstand – sowohl in Österreich als auch global. Es besteht seit vielen Jahren ein wissenschaftlicher Konsens, dass neben der Klimakrise auch der rasch fortschreitende Verlust der Artenvielfalt sowie die Zerstörung vielfältiger Lebensräume die Lebensgrundlage aller Menschen bedrohen. Die Biodiversitätsforscher:innen beobachten diese Entwicklung mit großer Sorge.

Gleichzeitig nimmt das gesellschaftliche Bewusstsein für den Wert der biologischen Vielfalt an sich, und ihre essenzielle Bedeutung für unser Wohlergehen, stetig zu, was auch die Verabschiedung der EU-Biodiversitätsstrategie für 2030 zeigt. Sie ist ein ehrgeiziger, dringend nötiger und auch langfristiger Plan zum Schutz der Natur und zur Verbesserung der Ökosysteme und zielt darauf ab, die Biodiversität in Europa bis 2030 auf den Weg der Erholung zu bringen.

Die Biodiversitätsstrategie 2030 für Österreich bietet eine ebenso wichtige Grundlage für den Erhalt und die Wiederherstellung der Biodiversität in unserem Land. Sie wurde in den letzten zwei Jahren auf Basis eines partizipativen Prozesses mit breiter Beteiligung von Expert:innen ausgearbeitet und wird seit mehr als einem Jahr unter Einbindung der Sozialpartner:innen politisch diskutiert. Was allerdings noch immer fehlt, ist ihre Verabschiedung durch den Ministerrat. Diese ist dringend erforderlich, um die Umsetzung der Strategie auf eine breite politische und gesellschaftliche Basis zu stellen. Es besteht die berechtigte Sorge, dass diese umfassende und wissenschaftlich fundierte Strategie andernfalls von einzelnen Interessenvertreter:innen blockiert wird.

Die Mitglieder des Österreichischen Biodiversitätsrates und der Kommission für interdisziplinäre Studien der ÖAW appellieren daher eindringlich an die gesamte Bundesregierung, diesen Schritt möglichst noch vor dem 7. Dezember 2022, dem Beginn der Artenschutzkonferenz in Montréal, durchzuführen. Der Erhalt der Lebensgrundlagen der Menschen muss Priorität für alle Regierenden haben.

Der Beitritt Österreichs zur „High Ambition Coalition for Nature and People“ im Jahr 2021 war ein wichtiger und erfreulicher Schritt, mit dem sich Österreich politisch zur nationalen und internationalen Umsetzung der mit der Biodiversitätsstrategie 2030 verfolgten Ziele bekannt hat. Auch wenn das Bewusstsein für den Wert der biologischen Vielfalt steigt, werden aus wissenschaftlicher Sicht nötige weitreichende Maßnahmen oft nur sehr zögerlich beschlossen und umgesetzt. Das zeigt auch das kürzlich veröffentlichte Barometer der Biodiversitätspolitik in Österreich 2022, welches deren Lage und Trends auf wissenschaftlich begründeter Einschätzung durch den Österreichischen Biodiversitätsrat wiedergibt.

Die Unterzeichner:innen erwarten, dass die Bundesregierung in diesem wichtigen Bereich Führungsverantwortung übernimmt und für eine rasche Verabschiedung der Österreichischen Biodiversitätsstrategie 2030 und breite Bekanntmachung sorgt, damit deren Umsetzung rasch beginnen kann.

UnterzeichnerInnen:

Leitungsteam des Österreichischen Biodiversitätsrates

Univ.-Prof. Dr. Franz Essl (Universität Wien), Univ.-Prof.in Dr.in Irmgard Greilhuber (Universität Wien), Univ.-Prof. Dr. Thomas Hein (Universität für Bodenkultur Wien), Dr. Johannes Rüdisser (Universität Innsbruck), Univ.-Prof. Dr. Christian Sturmbauer (Universität Graz), Univ.-Prof. Dr. Andreas Tribsch (Universität Salzburg), Univ.-Prof.in Dr.in Alice Vadrot (Universität Wien), Univ.-Prof. Dr. Thomas Wrbka (Universität Wien)

Vorsitzende der Kommission für interdisziplinäre ökologische Studien https://www.oeaw.ac.at/kioes stv. für 27 Mitglieder:

Univ.-Prof. in Ing. in Dr. in phil. Dr. in h.c. Verena Winiwarter, Obfrau

Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Dr.h.c.mult. Martin Gerzabek, Stv. Obmann

Univ.-Prof. Mag. Dr. Christian Sturmbauer, Stv. Obmann 

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