Ökosystemleistungen
= Ökosystemdienstleistungen (ÖSL) | Ecosystem Services (ES)
Ökosystemleistungen sind direkte und indirekte Beiträge von Ökosystemen für das menschliche Wohlergehen. Es werden darunter Leistungen und Güter verstanden, die uns Menschen einen direkten oder indirekten wirtschaftlichen, materiellen, gesundheitlichen oder psychischen Nutzen bringen. Diese sind ausschlaggebend für unser Überleben und unsere Lebensqualität. Täglich beziehen wir eine Vielzahl an diesen sogenannten Leistungen aus der Natur.
‚Ökosystemleistungen‘ ist ein sehr junger Begriff und wurde in den 70er- und 80er-Jahren geprägt. Ziel war es, den Wert der Natur sichtbar und verständlich zu machen. Das Konzept stellt den Menschen in den Mittelpunkt (anthropozentrische Perspektive) und beschreibt den Nutzen des Ökosystems vor allem für den Menschen.
Mit dem Millennium Ecosystem Assessment (MEA) 2011 wurde der Begriff der Ökosystemleistungen populär. Nach diesem Konzept werden Ökosystemleistungen („the benefits that people obtain from ecosystems“) in vier Kategorien gegliedert:
umfassen die Bodenbildung, die Photosynthese oder den Nährstoffkreislauf
- Umwandlung von Sonnenlicht in Biomasse und Energie
- Wasserkreislauf
- Bodenbildung
- Nährstoffkreislauf
- Erhaltung der genetischen Vielfalt
sind für Klima, Niederschlag oder Absorption von Schadstoffen verantwortlich
- Klimaregulation
- Wasserqualität
- Schutz vor Überflutung und Erosion
- Abschwächung von Schädlingsepidemien
- Abfallbeseitigung und Schadstoffabbau
- Bestäubung von Blütenpflanzen
stellen Nahrung, Wasser und andere Ressourcen, wie Holz bereit
- Pilze, Beeren, Nüsse, Fische …
- Getreide, Kartoffeln, Mais, Wein …
- sauberes Wasser
- saubere Luft
- Baustoffe wie Holz
- Naturfasern
- Rohstoffen für Arzneimittel
bedeuten nicht-materielle Leistungen wie Erholungswert einer Landschaft
- Freizeit und Erholung
- Tourismus
- Ästhetisches und spirituelles Erleben
- Inspiration
- kulturelles Erbe
- Umweltbildung
Das Konzept der Ökosystemleistungen versucht einerseits das Bewusstsein über die Funktionen von intakten Ökosystemen für uns Menschen zu erhöhen, andererseits soll es eine Orientierung und Grundlage für Entscheidungsträger_innen bilden, um die nachhaltige Nutzung der Ökosysteme zu gewährleisten und die Bereitstellung der Ökosystemleistungen zu erhalten. Dieser Ansatz ist nicht unumstritten, so wird die hiermit einhergehende Kommodifizierung der Natur sowie der Fokus auf den Nutzen für den Menschen in Frage gestellt, der Eigenwert der Natur werde hier außer Acht gelassen und unvollständige Informationen über Zusammenhänge in der Natur könnten zu falschen Prioritätensetzungen führen.
Mittlerweile haben sich in dem Themenfeld weitere Konzepte und Herangehensweisen, wie z. B. CICES (Common International Classification of Ecosystem Goods and Services) oder Nature’s contribution to people (NCP), herausgebildet.
Nature's contribution to people
Nature’s contribution to people können einerseits positive, vorteilhafte Beiträge der Natur zur Lebensqualität der Menschen sein, wie Nahrungsmittel oder der Lawinenschutz durch Wälder, und andererseits nachteilige Beiträge wie Krankheitsübertragung oder Schäden durch Hurrikans.
IPBES klassifiziert in den drei Bereichen „regulierend, materiell, nicht-materiell“ 18 Kategorien von NCP.
Ökosystemleistungen und Biodiversität
- Übernutzung (z. B. Überfischung der Meere, übermäßiges Abholzen) führen zu Reduktion der Rohstoff- & Nahrungsgrundlage
- Intensive Bewirtschaftung führt zu Humusverlust und erhöhter Bodenerosion
- Abnahme der Waldflächen führt zu Verringerung des CO2-Speichers und dadurch zur Verstärkung es Klimawandels
- Versiegelung der Böden oder Begradigung von Flüssen erhöht die Überschwemmungsgefahr durch verringerte Wasseraufnahmefähigkeit
- Monokulturen und Pestizideinsatz führen zu einer Verringerung der Bestäubung, der Wasserverfügbarkeit und der Wasserqualität
ÖKOLEITA
Ökosystemleistungen als Gestaltungselement in Niederösterreich (2021-2023)
Mit dem Leitprojekt ÖKOLEITA wird eine fundierte Basis an Daten, Methoden und Tools geschaffen, um den Wert, die Bedeutung sowie die Wechselwirkungen von Ökosystemleistungen und Lebensräumen als wichtiges Gestaltungselement für ein nachhaltiges und zukunftsfähiges Niederösterreich in den Vordergrund zu rücken.
Die Einbindung von Ökosystemleistungen sowie von Lebensraumdaten in den Biodiversitäts-Atlas Österreich stellt ein Novum dar. Die Informationen werden so aufbereitet, dass sie von allen Nutzer_innengruppen des Atlas verwendet werden können, also von Forschung über Verwaltung bis hin zu Schulen und der Bevölkerung. Hiermit wird also eine Basis für kontinuierliche Bewusstseinsbildung für die Zusammenhänge des Mensch-Natur-Systems gelegt.
Mit der Einbindung der Bevölkerung über die Forschungsmethode Citizen Science zur eigenen Erkundung und Erhebung von Ökosystemleistungen in einer ausgewählten Untersuchungsregion findet eine nachhaltige Sensibilisierung der betroffenen Bevölkerung statt.
Entscheidungsträger_innen (v.a. Verwaltung und Politik, auf Regional- und Landesebene) und Ausführende (z. B. Planungsbüros) werden von Beginn an in das Projekt eingebunden, sei es bei der finalen Festlegung der für NÖ relevanten Ökosystemleistungen oder bei der Auswahl der Untersuchungsregion. Mit diesem transdisziplinären Ansatz soll sichergestellt werden, dass die Synergien zwischen Kenntnissen aus Wissenschaft und Praxis effektiv für die Ergebnisse des Projektes genutzt werden. Personen aus Politik, Verwaltung und Praxis kontinuierlich einzubinden, kann den Zugang zu dem Thema und zu den erforschten und erarbeiteten Ergebnissen wesentlich verbessern und damit Motivation und Wahrscheinlichkeit für die tatsächliche Implementierung in künftigen Entscheidungsprozessen erhöhen.
Kooperationspartner: Umweltbundesamt, coopNatura und Universität Wien
Dipl.-Ing.in Dr.in Christine Rottenbacher
christine.rottenbacher@donau-uni.ac.at
+43 (0)2732 893 2783
Info
Globale wissenschaftliche Studie der UN über den Status und Trend von Ökosystemen. Mehr als 1300 Wissenschaftler-_innen aus 95 Ländern haben an dem Abschlussbericht 2005 gearbeitet.
In 4 Themenbereichen wurde analysiert welchen Einfluss Veränderungen der Ökosysteme für uns Menschen haben könnten. Neben dem Zustand und der Entwicklung der Öko-systeme und ihrer Leistungen in den letzten 50 Jahren wurden auch Zukunftsszenarien bis 2050 entwickelt.
- 2/3 der weltweiten Ökosystemleistungen sind in einem schlechten Zustand
- Nie zuvor wurden Ökosysteme stärker verändert und belastet wie in den letzten 50 Jahren
- Schäden und Veränderungen von heute werden tiefgreifende Auswirkungen in der Zukunft und auf zukünftige Generationen haben